Da das Thema gerade wieder mal durch das Forum geistert, will ich mich auch mal dazu äußern. Was versteht man unter MT Priorität? In der Regel handelt es sich um eine Ausnahmeregel, die dem oder den MTs bevorzugte Lootrechte zugesteht. In den Zeiten von BC kann das durchaus auch ein Druide oder seltener ein Paladin sein.
Oft findet dann ein Ausgleich statt. Es gibt Systeme, die den MT komplett aus dem DKP rausnehmen, ihm jeglichen defensiven Kram zustecken, sobald es droppt (inklusive der ersten Tokendrops) oder dass man ihm die Sachen für Minbid zuschiebt und ihm dafür aber den Zugriff auf offensive Items sperrt, so lange dort andere Spieler Need anmelden.
Als Begründung wird zumeist angeführt, dass der Tank nunmal die Person im Raid sei, an der Gearupgrades am meisten zu spüren sei. Was denke ich, auch einleuchtet. Denn es gibt meistens nur einen oder zwei Tanks, aber reichlich 16 DDler und 7 Heiler (ungefähr) – sprich, deren Last verteilt sich viel mehr. Ein Tanktod ist meistens das Ende eines Tries, ein DDler, der weniger DPS fährt (oder ein Heiler, dessen Heals für 50 weniger einschlagen) macht da oft nicht so viel aus.
Richtig heiß diskutiert wurde das Thema zum ersten Mal zu Naxx Zeiten. Warum? Weil der 4 Horseman Encounter massiv durch den 4ten T3 Bonus des Warriors (5 % Hit Chance auf Taunt) vereinfacht wurde, denn Tauntresist waren dort ein massives Problem. Dazu kam, dass der Gearcheck Patchwerk damit massiv vereinfacht wurde.
Auf der anderen Seite gibt es erhebliches Konfliktpotential. Es gibt die MTs, die dann noch mehr zu Primadonna werden, solche, die nach abgeschlossener Instanz keine Lust mehr haben und PVP machen oder solche, die einfach die Gilde wechseln, weil man nicht genug Progress macht. Und das hinterläßt oft ein riesiges Loch, weil der Tank eben der Empfänger der meisten Upgrades war. Auch trivialere Punkte wie kurze Auszeiten aus RL oder Krankheitsgründen kann dann den Raid massiv zurückwerfen, wenn der Ersatz kein adäquates Gear hat.
Als ehemaliger Rogue und nunmehriger Warrior kenn ich die Geschichte aus beiden Seiten. In Naxx wurde bei uns diskutiert, dass die Rogues doch bitte erstmal passen sollten – am besten für 4-5 Deftanks, die wir im Lineup hatten. Das hat damals, in einem Raid, der ohnehin schon wegen Loot massives Konfliktpotential aufwies, dazu geführt, dass sich die Rogues schlichtwegs geweigert haben, dies mitzumachen (interessanterweise kam die Forderung damals natürlich von Klassen, die keine solche Competition auf ihren Tokenslots hatten). Ich muss auch sagen, dass es uns damals nicht weitergeholfen hätte – denn die Horseman haben wir nie gesehen (auch nach meinem Quit wurde Pre BC soweit ich weiß Gothik nicht mehr gelegt).
Die Kehrseite erlebe ich als Warrior. Nur, dass wir nie darüber diskutiert haben, ob die Warris Priorität haben sollten. Gerade im T5 gab es das Problem, dass etwa die Priester massiv DKP sparen konnten, weil sie ihre Schneiderklamotten hatten, also einige Slots nicht ersetzen mußten. Dementsprechend haben die teilweise Haus und Hof für T5 Hosen rausgeworfen. Aber war das wirklich ein Problem? Eigentlich nicht, wir haben trotzdem alle Bosse gelegt und meine Wrynn Dynasty Legguards hab ich dann gegen die Praetorians ausgetauscht (die meine alten Hosen ohne Sockel und Enchant ausgestochen haben, lol).
Im Endeffekt haben wir bei unserem Progresstempo nie das Problem gehabt, dass die Warris geartechnisch hinter dem Rest zurückhingen. Auch dank einiges Lootglücks, grad im T6 Content, zugestanden. Es mag im Sunwell einfacher laufen, wenn man die ersten Token an einen Tank vergibt. Aber ganz ehrlich, ob ich Najentus Bracers oder Onslaught trage (so gut letztere auch sein mögen), wird bei Brutallus keinen Unterschied machen auf Dauer. Und: wenn ich sie doch haben wollte um jeden Preis, ich müßte halt die DKP in die Hand nehmen und ausgeben. Aber eine intelligente DKP Nutzung, verbunden mit kleineren Absprachen mit den Classmates und eine hohe Attendance (die bei jedem MT gegeben sein sollte), reicht aus, um mir und jedem anderen MT adäquates Gear zu sichern.
Die wenigsten Encounter sind so gestrickt, dass der Tank überall best in slot ausgerüstet sein muss, um zu bestehen, meistens gibts erhebliche Spielräume. Zudem: man hat immer mal ein, zwei Slots, wo partout nichts droppt, grad bei den Nichtset Items (die oft sehr viel relevanter sind, ich kenne kein Item, dass die Auswirkung auf Avoid hat wie die Insignie von Bloodboil und keine Waffe im T6 Content, die aggrotechnisch annähernd so viel für einen Orc reißt wie der Brutalizer -erst das Kalecgos Longsword stellt hier eine Alternative dar – das sind beides Slots, wo sich nur die Tanks untereinander einig werden müssen) .
Dazu kommt: letztendlich erhöht die Priorität den Druck auf dem fraglichen Tank, immer und überall da zu sein, noch mehr. Und es wird ihn so sehr binden, dass fast jedes Auseinanderbrechen zwischen Tank und Raid sehr sehr unschöne Szenen auslösen wird.
Ich habe dann noch die Aussage gelesen, der MT tue alles für den Raid, also soll der Raid auch ihm alles geben (itemtechnisch) zumal das Gear außerhalb des Raids nix nütze. Ehrlich gesagt – das verkennt aus meiner Sicht die Position des MTs. Denn wer das als Bürde und nicht als Privileg auffaßt, der sollte sich vielleicht eine andere Rolle im Raid suchen.
Adaman hat im Forum einen passenden Spruch dazu getan, den ich gerne zitieren möchte:
Der engagierte MT braucht kein Vorrechtsloot und der nicht engagierte hats nicht verdient!
Dem kann ich mich nur anschließen im Großen und Ganzen. Abschließend jedoch will ich auch sagen, dass es wohl eine Ausnahme macht, wo es doch Sinn macht – das ist bei Gilden, die derart minmaxen, weil sie um nationale und internationale Firstkills wetteifern. In diesem Fall macht es Sinn (und hier ist das Risiko, einen gegearten Tank an die Konkurrenz auch nicht ganz so groß). Da dies aber nur ein absolut kleiner Bruchteil von Gilden ist, gilt aus meiner Sicht: Prio hat nie Sinn gemacht und wird nie Sinn machen für 98 % aller Raids.